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Katalonien, eine der historischen Autonomen Gemeinschaften Spaniens, war eine der ersten industrialisierten Regionen Europas, wobei die Textilindustrie den Ton angab. Sogar in der Sprache hat das seinen Niederschlag gefunden: Vapor bedeutet eigentlich Dampf. Katalanen bezeichnen so aber auch eine ... mehr
Katalonien, eine der historischen Autonomen Gemeinschaften Spaniens, war eine der ersten industrialisierten Regionen Europas, wobei die Textilindustrie den Ton angab. Sogar in der Sprache hat das seinen Niederschlag gefunden: Vapor bedeutet eigentlich Dampf. Katalanen bezeichnen so aber auch eine Tuchfabrik.
Die erste dampfgetriebene Fabrik Kataloniens – eine Textilfabrik – wurde 1832 in Barcelona errichtet. Bis dahin hatte das Land bereits eine Entwicklung hinter sich, die sich deutlich vom Industrialisierungsprozess in den meisten übrigen Regionen des Mittelmeerraumes abhob. Wiesen diese eine in erster Linie landwirtschaftlich ausgerichtete Wirtschaft auf, so blühten in Katalonien seit dem Mittelalter Handel und Handwerk. Zu den Manufakturprodukten gehörten Nägel und Handfeuerwaffen aus Ripoll oder hochwertiges Papier aus den Mühlen der Gegend um Capellades. Der stärkste Impuls für Kataloniens industrielle Entwicklung aber ging vom Chintz aus. Im ausgehenden 18. Jahrhundert war Barcelona zeitweilig der europaweit führende Hersteller dieser einseitig bedruckten Baumwollstoffe. Bis Mitte des 19. Jahrhunderts stieg die katalanische Baumwollindustrie weltweit auf den dritten Platz hinter England und Frankreich.
Die Dampfkraft beherrschte alsbald auch das Transportwesen. So wurde 1848 zwischen Barcelona und Mataró die erste Eisenbahnverbindung Spaniens eingeweiht. Die Schwierigkeiten bei der Beschaffung billiger Kohle zur Befeuerung der Dampfmaschinen führten dazu, dass man von den 1860er Jahren an dazu überging, in den neuen Textilfabriken längs der Hauptflussläufe die Wasserkraft zu nutzen. Obwohl in Ogassa, Cercs und Berga ansatzweise Bergbau betrieben wurde, verhinderte der Mangel an Kohle und Eisenerz eine nennenswerte Entwicklung der metallverarbeitenden Industrie. Katalonien blieb infolgedessen als Industrieland einseitig auf die Textilindustrie ausgerichtet.
In vorindustrieller Zeit hatten sich die Produktionsstätten – Getreide-, Walk- oder Papiermühlen, Schmieden, Gerbereien usw. – an den traditionellen Bauweisen des Landes orientiert und unterschieden sich kaum vom typischen Bauernhof, der Sennhütte der Pyrenäen oder dem Dorfhaus mit seinen dicken Mauern aus Naturstein oder Lehm und Ziegeldach.
Mit der Industriellen Revolution waren nun große Räume vonnöten. Nach englischem Vorbild entstanden freistehende mehrstöckige Fabrikgebäude mit großen Fenstern als Lichtquelle. Doch was das industrielle Erbe Kataloniens so unverwechselbar macht, ist der „Modernisme“, eine katalanische Form des Jugendstils. Zu den bedeutendsten Vertretern dieser Stilrichtung gehört der Architekt Lluís Muncunill (1868-1931), der auch zahlreiche Industriebauten schuf. Sein zwischen 1907 und 1909 in Terrassa erbautes "Vapor Aymerich, Amat i Jover" gilt als eines der herausragenden Beispiele europäischer Industriearchitektur.