ÜBER UNS - ZUR GESCHICHTE VON ERIH

Die Anfänge von ERIH reichen bis in das letzte Jahrtausend zurück: 1999 rief der Europarat anlässlich des 50. Jahrestages seiner Gründung und des 25. Jahrestages des „Europäischen Jahres des Denkmals 1975“ sowie zur Feier des Übergangs zum Jahr 2000 seine Mitgliedsstaaten zur Teilnahme an einer Kampagne unter dem Motto "Europa, ein gemeinsames Erbe" auf. Ziel dieser Kampagne war es unter anderem, die Öffentlichkeit für die Werte der vom Menschen geschaffenen Umwelt (Kulturlandschaft und bauliches Erbe) zu sensibilisieren, die wirtschaftlichen Ressourcen dieses Erbes für eine nachhaltige Entwicklung hervorzuheben und die ehrenamtliche Arbeit zum Schutz und zur Erhaltung dieses Erbes zu fördern.

Das für Stadtentwicklung und Denkmalpflege zuständige Ministerium des Landes Nordrhein-Westfalen wandte sich daraufhin an Denkmalpflegeeinrichtungen und -organisation mit der Bitte, Projektideen für eine Mitwirkung an dieser Kampagne einzureichen. Die (inzwischen aufgelöste) Deutsche Gesellschaft für Industriekultur (DGfI) schlug als Beitrag der Industriekultur vor, ein europaweites Netzwerk aufzubauen, das die Entwicklung der Industriekultur hin zu einer „Marke“ im Tourismusbereich unterstützt. Dieses Netzwerk sollte auch dazu beitragen, die soeben eröffnete „Route der Industriekultur“ im Ruhrgebiet, an deren Entwicklung die DGfI beteiligt war, in ihrer Anlaufphase zu befördern. Da Industriekultur noch kaum irgendwo touristisch vermarktet wurde, sollten sowohl Touristen als auch insbesondere Tourismusorganisationen von der Attraktivität industriekultureller Standorte als Ausflugs- und Reiseziele überzeugt werden und diese Standorte in ihre Werbekampagnen einbeziehen.

Was steckt hinter dieser Idee?

Die Geschichte der Industrie ist ein wesentlicher Teil der europäischen Geschichte, denn nichts hat diesen Kontinent so geprägt wie die rund 200 Jahre seit Beginn der Industriellen Revolution.

Dabei gibt es viele europäische Gemeinsamkeiten zu entdecken: Die Lebens- und Arbeitsbedingungen im Industriezeitalter waren mehr oder weniger identisch - ein Bergmann im Ruhrgebiet oder in den walisischen Tälern grub mit den gleichen Mitteln und unter sehr ähnlichen Bedingungen nach der gleichen Kohle. Und diese Bergleute zogen auf der Suche nach dem »schwarzen Gold« quer über den Kontinent. Dieses Beispiel zeigt, dass die Industriegeschichte ein gemeinsames Gedächtnis aller europäischen Völker ist, ein Teil der gemeinsamen europäischen Identität. Heute erinnert man sich in allen Ländern unseres Kontinents an diese Zeit, die für uns Vergangenheit geworden ist. Zeichen der Erinnerung sind die vielen tausend Industriedenkmäler, die in allen alten Industrieregionen gepflegt und erhalten werden. Sie erinnern nicht nur an unsere Technik-, Sozial- und Migrationsgeschichte. Sie sind auch Symbol einer gewachsenen Identität der Menschen. Auch diese gilt es zu schützen, denn ohne Herkunft gibt es keine Zukunft.

Industriedenkmäler sind in den letzten zwei Jahrzehnten vielfach auch zu Symbolen des Wandels geworden. Man kann in ihnen nicht nur museale Erinnerungen produzieren. In ihnen kann wieder gelebt und gearbeitet werden. Man kann in ihnen Neues produzieren, aber auch wieder klassische Produkte und Güter oder die Produkte und Dienstleistungen der neuen „Creative Industries“. „Regeneration through Heritage“ ist das bekannte Stichwort. Und nicht zuletzt: Tausende von »Kathedralen der Arbeit« sind zu Attraktionen des Kulturtourismus in Europa geworden. Millionen machen sich auf den Weg, in den alten Fabriken herrscht Aufbruchstimmung - Industrietourismus ist kein Nischenmarkt, sondern eine breite Bewegung, die auf großes Interesse stößt.

Der Unterhalt, auch die museale Inszenierung alter Industrieanlagen erfordert innovative Lösungskonzepte und ist eine Herausforderung. Keine Last, sondern eine Lust, denn die Chancen, aus alten Industriearealen neue lebendige Zentren unserer Städte zu machen, sind groß. ERIH als touristisches Informationsnetzwerk für Industriekultur in Europa möchte dies unterstützen.

EU FÖRDERT DEN AUFBAU DES ERIH-NETZWERKES

Die Landesregierung NRW griff diese Anregung auf und unterstützte die DGfI bei der Suche nach interessierten Partnern aus anderen Ländern Europas. Institutionen aus verschiedenen Ländern (B, D, GB und NL) konnten von der Idee überzeugt werden. Gemeinsam beantragten sie beim EU-Förderprogramm INTERREG-IIC Nord-West-Europa (deshalb ist die Windrose am Zahnrad des ERIH-Logos nach Nordwesten ausgerichtet) Mittel für die Erarbeitung eines Masterplans - mit Erfolg. Der 2001 vorgelegte Masterplan zeigt das tourismuswirtschaftliche Potenzial einer „Marke Industriekultur“ auf und stellt die mögliche Struktur eines europaweiten Netzwerkes vor (Ankerpunkte und deren Auswahlkriterien, regionale Routen, Themenrouten).

Mit einer weiteren Förderung der EU (INTERREG IIIB-Nord-West-Europa) konnte der Aufbau von ERIH realisiert werden, zunächst in den Ländern Nordwesteuropas (Fördergebiet), gegen Ende der geförderten Aufbauphase bereits mit einer ersten Ausdehnung auf weitere Länder.

Vorstellung des ERIH-Masterplans
Duisburg (D) | Dezember 2001

  • Inhalt des Förderantrages

    Im damaligen Förderantrag zur Realisierung des Netzwerkes wurden das Projekt und seine Inhalte - kurz zusammengefasst - wie folgt beschrieben:

    "Nord West Europa war die Wiege der Industriellen Revolution. Das Erbe des tiefsten Strukturwandels in der Wirtschaftsgeschichte ist ein entscheidendes Element in der Geschichte des Kontinents. Aber, als Ergebnis des modernen Strukturwandels, sind viele Teile Europas deindustrialisiert, übrig geblieben sind Arbeitslosigkeit und Verfall.Der Unterhalt alter Industrieanlagen ist teuer und erfordert innovative Lösungskonzepte. Eine aufgelassene Industrieanlage wird bisher selten als kulturelles Erbe betrachtet. Da Industriegeschichte ein gemeinsames Europäisches Erbe ist und der Erhalt der Industriedenkmäler eine schwierige Herausforderung, befand man, dass diese Aufgabe gemeinsam durch Kooperation der Europäischen Mitgliedsstaaten gelöst werden könnte.

    Um die Wertschätzung, das Verständnis, den Erhalt und die Vermarktung dieser gemeinsamen Geschichte als Mittel für Wirtschaftswachstum zu ermutigen, wurde das Europäische Netzwerk für Industriekultur im ersten ERIH Projekt unter Interreg IIC gegründet. Im Rahmen dieses Projektes wurde ein Masterplan entwickelt, der konkrete Ideen und Aktivitäten benennt, um die europäische Industriekultur zu vermarkten.

    Ziele
    Das Ziel des auf fünf Jahre angesetzten Projektes, das von einem Dutzend Behörden, Universitäten, gemeinnützige, Industiekultur-Organisationen sowie Tourismusstellen aus drei Ländern, die das Herz der Industriellen Revolution bilden, getragen wird, ist die Umsetzung dieses Masterplans, der in ERIH I entwickelt wurde. Das gemeinsame Ziel ist es, die Europäischen Standorte der Industriekultur zu schützen und ihren Erhalt als Antrieb für die Entwicklung von Regionen, die oftmals vom wirtschaftlichen Verfall bedroht sind, zu nutzen.

    Hauptaktivitäten
    ERIH möchte sich als Europäische Marke für Industriekultur etablieren. Um diese Marke bekannt zu machen, entwickelt ERIH ein Corporate Design, das ein gemeinsames Logo, Beschilderung und Druckerzeugnisse beinhaltet.

    Das ERIH Netzwerk soll den transnationalen Erfahrungsaustausch, die Entwicklung gemeinsamer Marketingstrategien und grenzübergreifender Initiativen anregen. Das wichtigste Kommunikationsinstrument des Projektes wird die ERIH Webseite sein. Diese wird einerseits als Forum für den Erfahrungsaustausch von Experten genutzt, andererseits auch als Werbeplattform, um Industriekultur einer breiten Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Verlinkungen auf Webseiten der Tourismusbüros und anderer Organisationen sollen helfen, das öffentliche Bewusstsein zu steigern, mehr Besucher anzulocken und den interdisziplinären Ansatz von ERIH zu sichern. Die Webseite wird auch als Vermarktungsinstrument für die Europäische Industriegeschichte genutzt und als virtuelle Bibliothek für Berichte und Dokumentationen, die im Rahmen des Projektes entwickelt werden. Die Projektbeteiligten werden zusätzlich ein viersprachiges Faltblatt veröffentlichen und Broschüren über die Regionalen Routen.

    Das Routensystem
    Ein zentrales Element des Projektes ist es, ein Netzwerk von Ankerpunkten, ca. 60 wichtigen Industriekulturellen Denkmälern, die über eine gut entwickelte Tourismusinfrastruktur verfügen, zu entwickeln. Für die Auswahl der Ankerpunkte wird ein Qualitätssiegel entwickelt. Die Aufgabe der Ankerpunkte, die durch Beschilderung im Innen- und Außenbereich kenntlich gemacht werden, ist es, Informationen über Industriekultur bereit zu halten und die ERIH Philosophie zu vermarkten. Von all diesen Ankerpunkten werden „Regionale Routen“ ausgehen, die kleinere Industriekulturelle Standorte einbinden.

    Die Entwicklung der Regionalen Routen, die in den Partnerregionen durchgeführt wird, soll Touristen anregen, die Industriedenkmäler in der Region zu besuchen und somit den Tourismus vor Ort ankurbeln. Neben diesen Aktivitäten werden die Projektpartner Europäische Themenrouten entwickeln, die die geschichtlichen und industriekulturellen Zusammenhänge zwischen den einzelnen Europäischen Ländern aufzeigen. Im Gegensatz zu den Regionalen Routen, sind die virtuellen EuropäischenThemenrouten darauf ausgerichtet, den Erfahrungsaustausch zwischen Experten und Special-Interest Groups anzuregen.

    ERIH plant, das Netzwerk europaweit auszudehnen und Partner aus anderen Ländern zu integrieren. Dafür werden Seminare und Workshops veranstaltet, die eine breitere Öffentlichkeit über die Vorteile des Netzwerks informieren sollen."

  • Projektpartner in der Aufbauphase

    PROJEKTPARTNER UND KOFINANZIERS DER INTERREG IIIB-FÖRDERUNG:

    D:  Nordrhein-Westfalen Tourismus e.V., Köln/Düsseldorf (Leadpartner)
    D:  Ministerium für Bauen und Verkehr des Landes NRW, Düsseldorf
    D:  Ministerium für Wirtschaft, Mittelstand und Energie des Landes NRW, Düsseldorf
    D:  Projekt Ruhr GmbH, Essen
    D:  Weltkulturerbe Volklinger Hütte, Völklingen
    GB: Borough of Telford and Wrekin, Telford
    GB: Essex County Council, Chelmsford
    GB: University of Manchester, Field Archaeology Centre, Manchester
    GB: Torfaen County Borough, Torfaen
    NL: Provincie Noord-Holland Afdeling Zorg, Welzijn en Cultuur, Bureau, Monumenten & Archaeologie, Haarlem
    NL: Stichting Industriecultuur Nederland, Alkmaar

HAUPTAKTIVITÄTEN

Um diese Marke bekannt zu machen, hat ERIH ein Corporate Design entwickelt, das ein gemeinsames Logo, Beschilderungen vor Ort und Informationsmedien umfasst.

Wichtigstes Kommunikationsinstrument des Projekts ist die ERIH-Website. Sie dient als Werbeplattform, um die Industriekultur einer breiten Öffentlichkeit zugänglich zu machen und Reisen zu den Denkmälern anzuregen. Viele Informationen und Links zu Websites von Tourismusbüros und anderen Organisationen sollen helfen, mehr Besucher anzuziehen. Die Website ist auch eine virtuelle Bibliothek mit Hintergrundinformationen zur europäischen Industriegeschichte. Ziel ist es auch, die Website als Forum für den Erfahrungsaustausch zwischen Experten und Interessierten zu nutzen.

ERIH bietet aber auch Tagungen und Akteurstreffen an, die den persönlichen Erfahrungsaustausch fördern.

Über Newsletter, Pressemitteilungen und die ERIH-Facebook-Seite werden Neuigkeiten rund um das Netzwerk und das Thema Industriekultur im Allgemeinen verbreitet.

Schließlich hilft ERIH, die Zusammenarbeit seiner Standorte mit touristischen Marketingorganisationen zu stärken.


DAS WICHTIGSTE: THEMENORIENTIERTES NETZWERK-MARKETING

Netzwerkmarketing in einem thematischen Netzwerk ist eine der wenigen Möglichkeiten für die Industriekultur, im Dschungel der vielen touristischen Marken und der unüberschaubaren Medienflut sichtbar und wirksam zu werden.

Das Thema Industriekultur ist bereits mit sehr vielen Standorten auf dem europäischen Markt präsent. Nur werden die einzelnen Stätten allein nicht oder nur schlecht wahrgenommen. Statt nun in Konkurrenz zu anderen Standorten und Regionen zu treten, ist es sinnvoller, durch Kooperation die Wahrnehmung des Themas insgesamt zu erhöhen; davon profitieren die Partner mehr, als wenn sie einzeln nur eine geringere Wahrnehmung erzielen (können).

Und: An den bereits bekannten und etablierten Standorten gibt es bereits Millionen von Besuchern (Kunden), die sich bereits für das Thema und damit auch für andere Standorte interessieren. Unser Ziel ist es daher, all diese Kunden »vor Ort« (und im Internet) über alle anderen Standorte zu informieren. Auf diese Weise können die so wertvollen »direct-customer-contacts« in überraschend großer Zahl entstehen. Jedenfalls deutlich mehr, als man allein oder mit klassischen Marketingmethoden erreichen könnte. Und das zu relativ geringen Kosten - unseren Mitgliedsbeiträgen. Niemand wäre allein in der Lage, eine derart effektive Marketingstrategie zu finanzieren.

Der Erfolg dieses Prinzips ist allgemeine bekannt: Ein Einkaufszentrum funktioniert nicht anders. Die Werbebotschaft erfolgt gemeinsam und der Erfolg vor Ort wird geteilt. Und noch etwas: Die Wahrnehmbarkeit wird nicht nur durch ein attraktives Thema, sondern vor allem durch die Standortqualität bestimmt. Ausgewählte und besonders wahrnehmbare Standorte mit hoher Qualität sollen daher als »Ankerpunkte« für das Marketing bzw. die Wahrnehmbarkeit dienen. Mit ihnen wird für das gesamte Netzwerk geworben, sie stehen für die besondere Qualität des Netzwerks. Es gibt also eine Hierarchie in der Außenwahrnehmung, von der dann auch die kleineren Stätten der Regionalen Routen und der »Europäischen Themenrouten« profitieren.
Unser Motto lautet: "Alle für einen – einer für alle"

... UND HEUTE?

ERIH hat sich zum größten touristischen Informationsnetzwerk für Industriekultur in Europa entwickelt.

Getragen wird es von einem Verein nach deutschem Recht, der nach Auslaufen der INTERREG-Förderung 2008 gegründet wurde und dessen Mitgliederzahl stetig wächst.

Waren es zum Ende der Aufbauförderung rund 650 touristisch attraktive industriekulturelle Stätten mit Schwerpunkt in Nordwesteuropa, die auf der ERIH-Website vorgestellt wurden, so sind es inzwischen über 2.200 aus allen 51 Ländern, die unter kulturellen, politischen oder geografischen Gesichtspunkten ganz oder teilweise zu Europa gezählt werden.


EU UNTERSTÜTZT ERIH ERNEUT

Der weitere Ausbau des Informationsportals sowie zahlreiche weitere Aktivitäten sind maßgeblich einer erneuten Unterstützung durch die Europäische Union zu verdanken: Seit Oktober 2014 erhält ERIH als anerkanntes europaweites Netzwerk zum industriellen Erbe Europas eine Förderung seiner Projekte aus dem EU-Programm "Creative Europe". Die Förderung ermöglicht es unter anderem, das Netzwerk als Plattform für den Erfahrungsaustausch auf regionaler und europäischer Ebene zu nutzen. Dazu tragen insbesondere die jährlichen ERIH-Konferenzen bei, die sich jeweils einem aktuellen industriekulturtouristischen Thema widmen.

Seit 2019 ist die Europäische Route der Industriekultur als 'Kulturroute des Europarats" zertifiziert; die Zertifizierung wurde 2023 erneuert.

Sind Sie interessiert? Hier geht es zu unseren Informationen über eine Mitgliedschaft im ERIH e.V.

Gründungsversammlung des ERIH Vereins am 19. Februar 2008
Welterbe Zollverein. Essen (D)