Renault Fabrik

Die Pariser Renault-Fabrik von Boulogne-Billancourt, rund drei Kilometer flussabwärts des Eiffelturms, war eine Ikone der europäischen Fertigungsindustrie des 20. Jahrhunderts.

1898 begann Louis Renault (1877-1944) in einer nahe gelegenen kleinen Werkstatt am Seineufer die ersten Autos zu konstruieren. Das Unternehmen blühte, so dass er 1914 Autos in Fließbandproduktion herstellte, darunter Taxis für London. Von 1909 an kaufte er in mehreren Abschnitten die gesamte, etwa einen Kilometer lange Ile Seguin, die sich nach und nach mit Fabrikgebäuden füllte, nachdem man zuvor das Bodenniveau der Insel um sechs Meter erhöht hatte, um Hochwasserschäden zu vermeiden. Am westlichen Ende der Insel entstand ein Kohlekraftwerk, in ihrem Zentrum wuchs 1929 ein gewaltiger fünfstöckiger Gebäudeblock in die Höhe, der auf einer Grundfläche von 225 mal 28 Metern Chassismontage, Karosseriebau, Lackierung und Polsterfertigung in einem architektonischen Komplex vereinigte. Um die Insel herum führte eine von zwei Rängen flankierte Teststrecke.

Die Fabrik von Boulogne-Billancourt entwickelte sich zu einem Symbol der französischen Arbeiterbewegung. 1936 wurde sie von Arbeitern der Volksfront besetzt, und auch während der Unruhen von 1968 spielte sie eine bedeutende Rolle, als der Philosoph Jean-Paul Sartre (1905-80) an ihren Toren eine Kundgebung abhielt.

Ironischerweise war es ein Cousin von Sartres, Louis Schweitzer, der 1992 in seiner Eigenschaft als Generaldirektor von Renault die Schließung der Fabrik beschloss. Seither war das Seineufer von Billancourt Schauplatz einer Reihe von Umstrukturierungen im Rahmen einer umfassenden Stadterneuerung, deren Pläne das gesamte Gebiet bis La Defense umfassen. Louis Renaults erste Werkstatt von 1898 ist dort noch erhalten. Ein 1984 entstandenes Gebäude von Claude Vasconi dient Renault heute als Kommunikationszentrum und ist zugleich der letzte Überrest des Unternehmens in dem Gebiet.

Die Bebauung der Insel wurde 2002-04 abgerissen, um Platz zu machen für ein Museum der modernen Kunst, mit dessen Bau der japanische Architekt Tadao Ando beauftragt werden sollte. Das Museum sollte die Sammlung des Unternehmers Francois Pinault aufnehmen, der jedoch 2005 angeblich aus Ungeduld über die Unentschlossenheit der Pariser Behörden erklärte, er werde seine Sammlung in Venedig ausstellen. Die Ile Seguin wartet seither auf eine neue Zweckbestimmung.

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