Unter den ursprünglich unternehmenseigenen Arbeitersiedlungen ist Bromborough Pool Village eine der interessantesten, obwohl der Ort weniger bekannt ist als das nur zwei Kilometer weiter nördlich liegende Port Sunlight.
William Wilson (geb. 1772) gehörte jener schottischen Familie an, die die Eisenhütte von Wilsontown errichtet hatte. Als das Eisenwerk 1812 seinen Betrieb einstellte, stieg er in London in den Handel mit Moskau und St. Petersburg ein. 1830 tat er sich mit dem Kerzenproduzenten Benjamin Lancaster zusammen. Der gemeinsamen Firma, die aus einer Fabrik in Vauxhall bestand, verliehen sie den Namen eines fiktiven Edward Price. Fortschritte in der chemischen Forschung hatten es mittlerweile ermöglicht, die Kosten der Kerzenherstellung zu reduzieren bei gleichzeitiger Verbesserung ihrer Leuchteigenschaften. Die Abschaffung der Kerzensteuer 1831 stimulierte zusätzlich das Geschäftsklima der Branche. Während Kerzenmacher in Marktstädten und Bergbausiedlungen Talglichter durch Eintauchen herstellten, entwickelten geschäftstüchtige Unternehmer eine Technologie zur Massenproduktion in Gießformen. Die Forschungen des französischen Chemikers Michel Eugene Chevreuil (1786-1889) hatten gezeigt, dass die flüssigen und festen Bestandteile von Fetten durch die Vermischung mit einer starken Salzlauge voneinander getrennt werden konnten. Dieser Prozess der so genannten Seifenbildung kam in der Seifenindustrie bereits zur Anwendung. George jedoch, der Sohn von William Wilson, entwickelte ihn weiter, indem er Hochdruckdampf und Vakuumkörper zur Destillation der Fette einsetzte. Das Unternehmen feierte erste Erfolge durch die Destillation von Kokosöl aus Ceylon, doch ab etwa 1840 fanden Abfallprodukte Verwendung, darunter Haut- und Knochenfett, Fischöle und Abfallschmieröle. Später setzte die Firma Palmöl aus Westafrika sowie Paraffin ein, dessen Grundsubstanz Erdöl zunächst aus den 1854 in Burma entdeckten Ölfeldern und später aus den USA stammte, wo 1859 in Pennsylvania das erste Ölbohrloch sprudelte. Wilson war ein Marketing-Experte, der 1840 Tausende von Kerzen verkaufen konnte, die dann zur Feier der Krönung Königin Victorias die Fenster der Straßen erleuchteten. 1847 wurde aus dem Unternehmen die Aktiengesellschaft Price’s Patent Candle Co. 1853 errichteten die Söhne Wiliams, der Chemiker George und dessen Bruder James, der wie sein Vater ein überzeugter Evangelikaler war, eine Fabrik mit benachbarter Arbeitersiedlung in Bromborough auf der Wirral-Halbinsel. Dieser Standort war ideal für die Versorgung mit Palmöl über den Importhafen Liverpool.
Bis 1861 entstanden mehr als 90 Wohnhäuser. Die meisten davon waren Reihenhäuser mit Wohnzimmer, Küche und Spülküche im Erdgeschoss und drei Schlafräumen im ersten Stock. Außerdem gehörte je ein Vor- und Hinterhausgarten zur Ausstattung. Die Häuser verteilten sich großzügig um ein Cricketfeld und eine Boccia-Bahn. 1858 entstand zusätzlich ein Schulgebäude im italienischen Stil. 1861 beschäftigte die Fabrik mehr als 170 Männer. 50 von ihnen waren gebürtige Londoner, und zwar überwiegend erfahrene Kerzenmacher und Handwerker aus Battersea und Lambeth. Abgesehen von der Wohnqualität, die für die damaligen Verhältnisse ohne jeden Vergleich war, zeichnete sich die Siedlung noch durch einen anderen interessanten Aspekt aus: Sie bot 21 jungen Kerzenmachern zwischen 15 und 19 Jahren Unterkunft in einem Teil des Gericht genannten Herrenhauses aus dem 17. Jahrhundert. Diese Nachwuchshandwerker standen unter der Vormundschaft von Edmund Hampson, Hilfspfarrer von Bromborough und Kaplan der Firma. Die meisten Häuser aus der Zeit um 1850 stehen bis heute. Seit 1986 steht Bromborough Pool Village unter Denkmalschutz.
Bromborough Pool Village
Manor Pl
CH62 Bromborough
Wirral
Vereinigtes Königreich
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