Johann Heinrich Schüle (1720–1811)

Johann Heinrich Schüle war ein Pionier der industriellen Produktion von bedruckten Baumwollstoffen im Bayern des 18. Jahrhunderts. Er durchbrach die traditionellen Beschränkungen der Stadt Augsburg und baute ein großes Exportunternehmen auf. Auf seinem Höhepunkt in den 1770er Jahren beschäftigte er 3.500 Mitarbeiter.

Er wurde in Künzelsau in Württemberg geboren, wo sein Vater als Nagelschmied tätig war. Im Alter von 11 Jahren begann er eine Lehre bei einem Kurzwarenhändler in Straßburg. Mit 25 Jahren ging er nach Augsburg in Bayern, einem Finanz- und Handelszentrum auf den Routen von Italien nach Nordeuropa und von West- nach Osteuropa. Schüle arbeitete in einer Kurzwarenfirma in der Stadt und heiratete 1748 die Tochter des Inhabers, Catharina Barbara Cristell. Als er das Geschäft übernahm, sah er Möglichkeiten, den Handel mit feinen Baumwollstoffen (Kattun) mit modischen Druckmotiven auszubauen. Er kaufte Stoffe von Augsburger Webern, ließ sie in Hamburg bedrucken und in Augsburg handkolorieren. Im Jahr 1759 eröffnete er eine eigene Druckerei, vergab aber weiterhin Malarbeiten an Heimarbeiter und Bewohner des Augsburger Armenhauses. Seine hochwertigen Produkte fanden in ganz Europa Absatz. Mit steigender Nachfrage begann er, englischen und indischen Kattun zu importieren, was gegen die protektionistischen Handelsgesetze der Stadt und ihrer Weberzunft verstieß. Als er angeklagt wurde, zog er nach Heidenheim an der Brenz in Württemberg und gründete die Württembergische Cattunmanufactur.

Im Jahr 1768 wurde der Streit mit der Augsburger Weberzunft zu seinen Gunsten entschieden. In den Jahren 1770-2 kehrte er zurück und baute eine dreistöckige Fabrik außerhalb der Stadtmauern. Sie wurde von dem Architekten Leonhard Christian Mayr im Stil eines U-förmigen Palastes mit über 100 m langen Flügeln zu beiden Seiten der durch eiserne Tore abgeschlossenen Gärten entworfen. Schüle und seine Familie wohnten im Zentrum, während sich in den Seitenflügeln Werkstätten für Kupferstecher, Drucker und Maler befanden. Im Jahr 1772 wurde ihm der Titel Edler von Schüle verliehen. Etwa 3.000 Menschen arbeiteten für ihn und das Unternehmen wuchs weiter.

In den 1780er Jahren litt das Unternehmen unter der Konkurrenz durch Fabriken in anderen europäischen Ländern und durch die wachsende Textilindustrie in Augsburg, die von seinen qualifizierten Arbeitskräften profitierte. Schüle übergab die Leitung 1792 an seine Söhne und kehrte zehn Jahre später zurück, aber das Unternehmen wurde 1808 unter den Wirren der Napoleonischen Kriege geschlossen. Ein Teil der Fabrik ist als Universitätsgebäude erhalten geblieben. Das Wappen an den Toren und weiteres Material über den Kattundruck sind im Industriemuseum tim ausgestellt.