Adolf Guyer-Zeller (1839–1899)

Adolf Guyer-Zeller war der Sohn von Johann Rudolf Guyer (1803-76), einem der führenden Textilunternehmer im Zürcher Oberland, der in den 1820er Jahren die Baumwollspinnerei in Neuthal in der Gemeinde Bäretswil gründete. Adolf Guyer-Zeller studierte in den Jahren 1857-58 in Genf und unternahm anschließend eine Reihe von Reisen ins Ausland. Zwischen 1857 und 1863 studierte er Textilherstellung in Belgien, Frankreich, den Niederlanden, England, Quebec, den Vereinigten Staaten und Kuba. Ein Höhepunkt seiner Reisetätigkeit war ein Treffen mit dem italienischen Patrioten Giuseppe Garibaldi (1807-82) in England 1859. 1863 kehrte er in die Schweiz zurück, wo er im Textilbetrieb der Familie arbeitete, den er 1866 als Teilhaber mitbestimmte und seit 1874 als alleiniger Eigentümer führte. Er entwickelte auch ein Interesse am Bankwesen und an der Papierherstellung und wurde Mitglied des Kantonsrates. Ab den 1870er Jahren beschäftigte er sich verstärkt mit der Eisenbahn, insbesondere mit der Nord-Ost-Bahn (NOB), deren Präsident er 1894 wurde, nachdem er die Geschäftsführung und den Vorstand des Unternehmens mit Hilfe einer Gruppe von Unterstützern absetzte. In der Folgezeit wurde er als Eisenbahnkönig bekannt. 1897 traten die Arbeiter des Unternehmens in den Streik, und Adolf' Guyer-Zellers harte Haltung gegenüber den Streikenden war eine der Ursachen, die 1902 zur Übernahme des 853 Kilometer langen Streckennetzes der NOB durch die Schweizerische Bundesbahn führte.

Adolf Guyer-Zeller befasste sich intensiv mit dem Projekt zum Bau einer Eisenbahn (UeBB) von Uerikon am Zürichsee über Hinwil und Bäretswil (Neuthal) nach Bauma, die als Teil einer strategischen Route nach Osteuropa und Asien konzipiert wurde. Der Bundesrat erteilte am 29. Juni 1894 die Baugenehmigung, aber die Strecke wurde erst 1901 fertiggestellt, zwei Jahre nach Adolfs Tod. In ihren Anfangsjahren war sie Opfer einer Reihe von Erdrutschen und erfüllte nie die Erwartungen ihrer Förderer. 1948 ging sie außer Betrieb bis auf den Abschnitt Hinwil-Bauma, den die Schweizer Bundesbahn übernahm und dort bis 1972 den Personenverkehr aufrechterhielt. Derselbe Streckenabschnitt wird heute vom Zürcher Oberland Dampfbahnverein als Dampfbahn betrieben. Der Bahnhof Neuthal ermöglicht den Fahrgästen den Besuch der Museum-Spinnerei in der ehemaligen Textilfabrik der Familie Guyer.

Adolf Guyer-Zeller war auch einer der wichtigsten Förderer der Jungfraubahn im Berner Oberland, die die Bundesregierung im Dezember 1894 genehmigte. Ein erster Abschnitt feierte 1898 Eröffnung, doch im folgenden Jahr, das zugleich Adolfs Todesjahr war, kamen sechs Bauarbeiter bei einer Explosion ums Leben. Als dem Projekt 1911 das Geld ausging, entschloss man sich, die Endstation auf dem Jungfraujoch zu bauen und damit auf einer niedrigeren Höhe als ursprünglich geplant. Die Station wurde im folgenden Jahr eingeweiht und ist mit 3.454 Metern über dem Meeresspiegel der höchste Bahnhof Europas.