Thomas Brassey (1805–70)

Thomas Brassey war der erste Ingenieur und Bauunternehmer, der europaweit, ja sogar weltweit tätig war. Er war in der Lage, groß angelegte Projekte zu verwirklichen, die Tausende von Arbeitern beschäftigten und enorme Ausgaben verursachten.

Er wuchs in einer Mittelklassefamilie in Chester auf. Schon mit wenig mehr als 20 Jahren war er unter der Leitung von Thomas Telford am Bau der Holyhead Road beteiligt, der Haupteinfallstraße in das Zentrum von Birmingham. Auch der Bau von Birkenhead, einer neuen Hafenstadt am Fluss Mersey gegenüber von Liverpool, gehört zu den frühen Stationen seines Werdegangs. Im Zuge dieser Arbeiten traf Brassey George Stephenson, der gerade auf der Suche nach geeignetem Steinmaterial für den Sankey-Viadukt im Verlauf der Eisenbahnstrecke von Liverpool nach Manchester war. Stephenson ermutigte ihn, ein Angebot für den Bau jenes Teilabschnitts der Grand Junction Railway zu machen, der durch Penkridge in Staffordshire verlief.

In der Folgezeit errichtete Brassey mit Hilfe verschiedener Geschäftspartner einige der wichtigsten Eisenbahnstrecken in Großbritannien, darunter die London & Southampton, die Sheffield & Manchester, die Chester & Holyhead und die Lancaster & Carlisle. Von den frühen 1840er Jahren an schloss er Verträge über Strecken in Frankreich, Deutschland, Belgien und den Niederlanden. Überdies zeichnete er für zwei besonders spektakuläre Bergtransversalen verantwortlich: die Hauptroute von Oslo nach Bergen und die von J. F. Fell entworfene und 1867 eröffnete Trasse über den Mont-Cenis-Pass.

Für viele seiner Eisenbahnbauten in Kontinentaleuropa engagierte er Streckenarbeiter, die schon in England für ihn tätig waren, und setzte das Beschäftigungsverhältnis auch nach Fertigstellung dieser Aufträge fort. So brachten einige seiner Mitarbeiter, die er 1861 für die Bahnlinie durch das Tal des Severn einsetzte, ihre Kinder später in der Normandie oder im Rhône-Tal zur Welt. In Übersee errichtete Brassey 867 Kilometer der Grand Trunk Railway in Kanada einschließlich der Rohrbrücke über den Sankt-Lorenz-Strom bei Montreal. Abgesehen davon baute er während des Krimkriegs eine Bahntrasse als Nachschublinie für die alliierten Truppen.

Jenseits all dieser Aufträge für den Eisenbahnbau konstruierte er etwa das Londoner Victoria Dock in London, außerdem einen der Hauptabwasserkanäle Londons sowie Hafenanlagen in Birkenhead, Barrow und Greenock. 1852 eröffnete er die Kanada-Werke (Canada Works) in Birkenhead, die Eisenbahngesellschaften mit Waggons, Lokomotiven und Betonstahl versorgten. In seinen letzten Lebensjahren war Brassey mit Angeboten für den Bau eines Kanaltunnels beschäftigt. Kaum jemand hat das Europa des 19. Jahrhunderts mehr geprägt als er. Oder wie es in einem seiner Nachrufe heißt: „Kein Mensch hat mehr Eisenbahnen errichtet als Thomas Brassey.“