André Jules (1853 - 1931) & Edouard Michelin (1859–1940)
Aus bescheidenen Anfängen entwickelten die Brüder Michelin eines der weltgrößten Unernehmen für die Reifenherstellung, gründeten ein weltweit aktives Verlagshaus und hatten zudem das finanzielle Potential, um 40 Jahre lang die Firma Citroen weiterzuführen, einen von Frankreichs größten Autoherstellern, der 1934 in Schwierigkeiten geraten war.
Edouard und André Jules Michelin wurden in Clermont-Ferrand in eine Familie geboren, die ein vom Großvater mütterlicherseits 1832 gegründetes Unternehmen für Ackergeräte und Gummiprodukte besaß, das u.a. Gürtel, Schläuche und Bälle für Kinder herstellte. 1886 übernahmen sie die Leitung der Firma und erwarben sich in der expandierenden Fahrrad- und Kraftfahrzeug-Industrie bald Anerkennung für ihre Innovationen. Die Druckluftreifen für Fahrräder zum Beispiel wurden damals an den Rädern festgeklebt, so dass es schwierig war, Löcher zu reparieren, aber Edouard entwickelte 1889 einen abnehmbaren Reifen. Er ließ ihn 1891 patentieren und stellte ihn im selben Jahr beim Radrennen Paris-Brest der Öffentlichkeit vor. Der Reifen wurde bald auch an den Einsatz in Kraftfahrzeugen angepasst und die neu-konstituierte Firma Michelin sponserte 1895 den „Éclar“, das erste Auto mit Druckluftreifen bei einem Rennen von Paris nach Bordeaux. Während des Ersten Weltkriegs stellte das Unternehmen an die 2000 Flugzeuge her und baute 1916 die wohl erste gepflasterte Start- und Landebahn.
Ein Stapel Reifen brachte die Brüder auf die Idee, ein Männchen aus Reifen zu benutzen, um ihre Produkte zu bewerben. Seit 1898 wird die Figur „Bibendum“ genannte, nach dem Wort „Nunc est bibendum“, jetzt ist es Zeit zu trinken, aus den Oden des Horaz. Es ist eine der ältesten und erfolgreichsten Trademarks der Welt.
Die Veröffentlichungen von André Michelin machten das Autofahren populärer und förderten damit auch den Absatz von Reifen. Im Jahr 1900 brachte er seinen ersten roten „Guide Michelin“ heraus, 1908 baute er eine Redaktion auf, die Routen für Kraftfahrer entwickelte und 1910 publizierte er die ersten Michelin-Straßenkarten. Nach dem Ersten Weltkrieg wurde das Spektrum an Reiseführern breiter. Der erste der Guides Michelin Régionaux erschien 1926 und den Lesern wurde versprochen: „Votre voyage sera un enchantment! Vous serez conduit par la main. Votre gout de pittoresque sera satisfait, et vous aurez bon table et bon gîte.“ (Ihre Reise wird bezaubernd sein, Sie werden an der Hand geleitet werden, ihr Bedürfnis nach malerischen Ausblicken wird befriedigt werden und Sie werden gut essen und gut schlafen.) In den roten Führern listete Michelin Hotels und Restaurants auf, die nach Sternen klassifiziert waren, die grünen führten zu touristischen Sehenswürdigkeiten.
Das Unternehmen blieb auch in den 1920er und 30er Jahren innovativ. 1929 produzierte Michelin Druckluftreifen für Eisenbahn-Fahrzeuge, die in Frankreich und Großbritannien getestet wurden. 1931 wurde die Firma staatlich anerkannter Hersteller von Straßenschildern und 1937 brachte sie „Metallic“ heraus, den ersten Reifen mit einem Unterbau aus Stahl. Nach dem ZweitenWeltkrieg kamen die Radialreifen auf den Markt: 1952 für Lastwagen, 1959 für Erdbeweger, 1981 für Flugzeuge und 1984 für Motorräder. Anfang des 21. Jahrhunderts unterhält die Firma, die die beiden Brüder aus Clermont-Ferrand gegründet haben, 68 Produktionsstätten in 17 Ländern und beschäftigt 112.000 Mitarbeiter.