Johann Liebieg (1802–70)

Johann Liebieg war ein Textilindustrieller, der dazu beitrug, die Region um die nordböhmische Stadt Liberec zu einem der wichtigsten Industriezentren des österreichischen Kaiserreichs zu machen.

Liebieg wurde 1802 im böhmischen Broumov geboren. Die Stadt, die heute im Norden der Tschechischen Republik nahe der polnischen Grenze liegt, hieß damals Braunau und gehörte zur Habsburgermonarchie. Liebieg stammte aus einer Weberfamilie und ging mit 16 Jahren in die Lehre. 1822 gründete er mit seinem älteren Bruder Franz die kleine Wollhandelsfirma Gebrüder Liebieg, 1828 kauften sie eine Wollgarnfärberei in Liberec (damals Reichenberg) in Böhmen. Johann reiste nach Frankreich und Großbritannien, um Textilunternehmen zu beobachten, und erweiterte die Fabrik, um spezielle Wolltextilien wie Merino und Mohair zu weben. Er trennte sich von seinem Bruder Franz und gründete 1841 eine Färberei und Appreturfabrik in Mödling südlich von Wien und 1843 eine Kammgarnspinnerei in Liberec. Er baute die Textilproduktion weiter aus und diversifizierte sie. 1845 eröffnete er eine Baumwollspinnerei bei Velké Hamry, die ab 1855 zusammen mit einer Weberei betrieben wurde. 1856 gründete er eine weitere Baumwollspinnerei. Im Jahre 1856 gründete er eine weitere Baumwollspinnerei in Železný Brod und eine Kammgarnspinnerei in Raspenava, die die umliegenden Handwebereien mit Wollgarn belieferte.

Sein Unternehmen war eines der größten Textilunternehmen Europas. Liebieg diversifizierte auch in andere Branchen. So kaufte er 1852 eine stillgelegte Glashütte in Bihar (heute Rumänien) und ließ sie von erfahrenen Glasmachern aus Böhmen modernisieren. Zudem erwarb er eine Spiegelfabrik, eine Eisenschmiede im österreichischen Gutenstein, Schiefergruben in Radčice, Kupferhütten in Gutenstein und Rokytnice nad Jizerou, Kalköfen, ein Sägewerk und eine Brauerei. Er war ein fortschrittlicher Arbeitgeber, der mehr als 6.000 Arbeitern Gesundheitsfürsorge, Wohnraum und Ausbildung bot.

Zwei Jahre vor seinem Tod 1870 wurde er von Kaiser Franz Joseph I. zum Ritter von Liebieg geadelt.