Alfred George de Glehn (1848–1936)

Alfred de Glehn trug wie kaum ein anderer Ingenieur zur Entwicklung der Dampflokomotive bei, der wichtigsten Zugmaschine auf Europas Schienennetzen zwischen den 1830er und 1960er Jahren. Er kam in Sydenham im Süden von London zur Welt. Sein Vater stammte aus den baltischen Staaten, seine Mutter war gebürtige Schottin. Er studierte Maschinenbau am King`s College in London und hielt sich bei Ausbruch des französisch-preußischen Kriegs 1870 in Frankreich auf, wo er sich mit Schiffsmotoren beschäftigte. Später setzte er seine Studien am Polytechnikum in Zürich fort und wechselte anschließend zur Societe Alsacienne des Constructions Mecaniques in Mühlhausen, das seit dem Krieg zu Deutschland gehörte.

Bereits in einem frühen Stadium seiner Karriere ging er der Frage nach, wie man das Prinzip der Verbundwirkung auf Lokomotiven anwenden könne. Die eigentliche, vierfach gekuppelte Verbundlok de Glehns zeichnete sich durch zwei äußere Hochdruckzylinder für die hinteren Antriebsräder und zwei Niederdruckzylinder für den Antrieb der vorderen Radachse aus. Seine am meisten gefeierten Lokomotiven waren die "Atlantics" (2B1), die ab 1890 für die Chemin de Fer du Nord gebaut wurden. Drei davon gelangten 1903 und 1905 zur Great Western Railway in England und übten großen Einfluss auf die Entwicklung der Lokomotiven dieser Eisenbahngesellschaft aus. Die von de Glehn entworfenen Dampfloks wurden im Elsass gebaut und fuhren in Deutschland, Frankreich und der Schweiz.

In den 1890er Jahren arbeitete er mit Anatole Mallet zusammen, dem Pionier der Gelenklokomotiven. Als französische Truppen während des Ersten Weltkriegs vorübergehend Mühlhausen besetzten, baute er innerhalb der französischen Armee eine Sanitätseinheit auf. Die Deutschen warfen ihn dafür später ins Gefängnis, aber als die deutsche Firma Siemens & Halske bei der Regierung in Berlin Protest einlegte, wurde er freigelassen und nach England zurückgeschickt. Anschließend ließ er sich in der Schweiz nieder.

Beispiele seiner Lokomotiven sind in Mühlhausen und anderswo zu sehen.