Georges Franju (1912–87)

Georges Franju war ein französischer Regisseur, zu dessen Werk zwei Dokumentarfilme gehören, die für das Studium der Industriegeschichte bedeutsam sind. Sein individueller Stil lässt sich keiner gängigen Filmschule zuordnen.

Geboren in Fougeres, verdiente er seinen Lebensunterhalt mit einer Reihe von unspektakulären Gelegenheitsarbeiten, bevor er seinen Militärdienst ableistete. Nach dessen Ende 1932 suchte er eine Anstellung als Bühnenbildausstatter. Franju spielte eine wichtige Rolle bei der Gründung von Institutionen für die Sammlung und Aufbewahrung von Filmen. 1937 rief er zusammen mit Henri Langlois die Cinematheque Francaise und damit das erste zweckbestimmte Filmarchiv ins Leben. Dort arbeitete er bis 1949. 1938 gehörte er überdies zu den Gründern der Federation Internationale des Archives du Film (FIAF).

Seine Karriere als Regisseur begann 1949 mit Le Sang des Betes (Das Blut der Tiere), einer Dokumentation über den zentralen Schlachthof von Paris, die auf subtil-trockene Art erschreckend grausame Handlungen an Tieren als Teil einer alltäglichen Arbeit zeigt. Sein ironischer Stil verdankt sich zum Teil den Surrealisten und verrät zudem Einflüsse des deutschen Expressionismus, bleibt aber dennoch höchst individuell. 1950 drehte er En Passant par la Lorraine (Reise durch Lothringen), einen packenden 32-Minüter über ein großes Stahlwerk (von den Ausmaßen der erhaltenen Hütte in Völklingen) im Osten Frankreichs. Ursprünglich sollte dieser Kurzfilm Guy Monnets Plan zur Modernisierung der französischen Industrie als Teil der europäischen Montanunion feiern. Tatsächlich jedoch zeigt Franju das Stahlwerk als hässlichen Eingriff in eine ländliche Umgebung, und das Drehbuch beschreibt – ähnlich unaufgeregt wie bereits in Le Sang des Betes – in aller Ausführlichkeit, wie sehr die Hochöfen die Umwelt verschmutzen und welche Unfälle von Zeit zu Zeit die Stahlarbeiter töten oder verstümmeln.

Im Jahr darauf machte Franju Hotel des Invalides (Invalidendom), eine ironische Kritik an Frankreichs wichtigstem militärgeschichtlichem Museum. 1958 entstand La Tete contre les Murs (Mit dem Kopf gegen die Wand), sein erster Spielfilm, 1959-60 gefolgt von dem Horrorfilm Les Yeux sans Visage (Augen ohne Gesicht/Das Schreckenshaus des Dr. Rasonoff) sowie Judex 1963 und Therese Desqueyroux (Die Tat der Therese Desqueyroux) 1964.

1973, nach den Dreharbeiten zu Les Nuits-Rouge, beendete Franju seine Tätigkeit als Regisseur und führte fortan den Vorsitz über die Cinematheque Francaise.