Sir William George Armstrong (1810–1900)
William Armstrong war einer der Väter der Wasserkraft. Deren Einsatzgebiete vervielfältigten sich gerade zu seinen Lebzeiten enorm. Hydraulische Energie trieb Kräne und die Tore von Hafenschleusen an, setzte in Eisenbahndepots Schiebebühnen und Rollenantriebe in Gang, sie bewegte Aufzüge, Winden und Habebrücken. Städte wie Manchester, Antwerpen und Hamburg gewannen aus hydraulischen Kraftwerken elektrischen Strom. Noch im 21. Jahrhundert kommen viele anspruchsvolle Ingenieursleistungen nicht ohne hydraulische Systeme aus.
Armstrong kam in Newcastle-upon-Tyne als Sohn eines Kaufmanns zur Welt. Beruflich schlug er die Juristenlaufbahn ein, zeigte jedoch schon früh Interesse für Maschinen und maschinelle Abläufe. Das Jahr 1835 markiert einen Wendepunkt in seinem Leben. Während eines Urlaubs in Yorkshire beobachtet er die Arbeitsweise eines Wasserrads und beginnt anschließend, selbst mit Wasserkraft zu experimentieren. 1845 geht er mit einem hydraulischen Kran an die Öffentlichkeit, den er ein Jahr später patentieren lässt. Fortan macht er seinen technischen Erfindergeist zum Hauptberuf. 1847 gründet er in Elswick westlich von Newcastle die Firma W G Armstrong & Co. Zu den ersten hydraulischen Maschinen, die er dort produziert, gehören Winden für die Liverpooler Docks, Antriebssysteme für den Untertagebetrieb in Kohlenzechen und die maschinelle Ausrüstung für Bleiminen und Düngerfabriken in der Region Durham.
1850/51 erfindet Armstrong den hydraulischen Speicher. Der Krimkrieg eröffnet ihm ein neues Geschäftsfeld: die Rüstungsindustrie. Die Marine beliefert er mit Minen, die Armee mit Gewehren. Zudem errichtet er gleich neben seinem Hydraulikwerk in Elswick eine Munitionsfabrik. 1868 nimmt er Geschäftsbeziehungen mit der Werft von Charles Mitchell in Walker-on-Tyne auf. Aus der Zusammenarbeit geht zunächst eine neue, hydraulisch betriebene Schwenkbrücke über den Tyne hervor. Sie wird 1876 eröffnet und ersetzt eine ältere Brücke, die dem Schiffsverkehr zunehmend im Weg stand. 1882 verschmelzen Armstrong und Mitchell ihre Firmen und errichten in Elswick eine Werft für Kriegsschiffe. In der Folgezeit zieht sich Armstrong mehr und mehr aus der täglichen Verwaltungsarbeit des Unternehmens zurück. Sein letzter öffentlicher Auftritt fällt in das Jahr 1892, als der König von Siam das Werksgelände in Elswick besucht. 1897 schließlich fusioniert die Rüstungsfirma mit jener von Sir Joseph Whitworth (1803-87).
Die Experimentierfreudigkeit, die Armstrongs berufliche Tätigkeit prägt, kennzeichnet ihn auch in privater Hinsicht. So nutzt er als einer der ersten überhaupt die Vorzüge elektrischer Energie. Seit 1863 steckt er einen Teil seines Vermögens in die Erschließung seines Grundbesitzes in Cragside im ländlichen Northumberland. Zwischen 1869 und 1885 lässt er sich dort von dem Architekten Richard Norman Shaw (1831-1912) ein imposantes Herrenhaus errichten, das schon 1878 über elektrisches Licht verfügt. Ein Teil der dafür notwendigen Kraftwerksanlage hat sich erhalten. Dasselbe gilt für die Einrichtung des Hauses selbst durch Francis Lea (1866-1940) aus Shrewsbury. Armstrongs erste experimentelle hydraulische Maschine befindet sich heute im Besitz des Museum of Science and Industry in Newcastle.