Zeitschrift Industriekultur 2.24: Die „Route Industriekultur“ im Ruhrgebiet, Teil 1

In diesem Jahr feiert die Industriekultur gleich zwei bedeutende Geburtstage: Die „Route Industriekultur“, die das industrie- und technikgeschichtliche Erbe des Ruhrgebietes erschließt, wird gemeinsam mit ERIH 25 Jahre alt. Das ist kein Zufall, war doch die Eröffnung der Ruhrgebietsroute vor 25 Jahren Anlass und Vorbild für die Gründung von ERIH. Kein Zufall ist auch, dass ein Großteil der Standorte der „Route Industriekultur“ heute Teil der ERIH-Regionalroute „Ruhrgebiet“ ist. Grund genug für die Zeitschrift Industriekultur, in dieser und der folgenden Ausgabe die wichtigsten Industriedenkmäler der Region ausführlich vorzustellen.

Auch wenn der Begriff „Ruhrgebiet“ erst in den 1930er Jahren entsteht, lassen Industriepioniere wie Franz Haniel, Mathias Stinnes, Friedrich Krupp und Friedrich Harkort bereits seit der Mitte des 19. Jahrhunderts Zechen und Hochöfen aus dem Boden wachsen. Auch Graf Henrich zu Stollberg-Wernigerode erkennt die Chance, hier in die neue Technologie koksbefeuerter Hochöfen einzusteigen. Seine 1854 gegründete und erst mehr als 120 Jahre später stillgelegte Henrichshütte ist eines der traditionsreichsten Eisenhüttenwerke des Ruhrgebiets, zu dessen Entdeckung gleich mehrere Erlebnisrouten einladen.

Die Henrichshütte ist heute ebenso ein ERIH-Ankerpunkt wie die von 1898 bis 1904 errichtete Zeche Zollern. Die prachtbeladene Musteranlage mit ihren zinnenbewehrten Giebeln und der auf Hochglanz polierten Maschinenhalle samt Jugendstilportal lockte schon zu ihrer Bauzeit zahlreiche Besucher an. Als moderner Erlebnisort der Industriekultur vermittelt sie neben architektonischen Highlights auch einen authentischen Einblick in die harte Arbeitswelt der Bergleute. Komplementär dazu veranschaulicht der Landschaftspark Duisburg-Nord die Technologien und Arbeitsabläufe eines Hochofenwerks, das August Thyssen ab 1901 im Duisburger Stadtteil Meiderich bauen ließ. Was diesen ERIH-Ankerpunkt auszeichnet, ist die Umwandlung des gewaltigen einstigen Industrieareals in eine einzigartige Parklandschaft mit 28 Kilometern Wander- und Radwegen, einem Klettergarten in der Erzbunkeranlage, dem zum größten künstlichen Tauchgewässer Europas umfunktionierten Gasometer und vielen Attraktionen mehr.

Stellvertretend für die vielen Großanlagen, die zwischen 1926 und 1929 überall im Ruhrgebiet entstanden, um den Kokshunger der boomenden Stahlindustrie zu stillen, steht der ERIH-Standort Kokerei Hansa. Zu Betriebszeiten waren die von Teerdunst und Kohlestaub umlagerten, auf über 1.000 Grad aufgeheizten Koksöfen ein nie ruhendes Inferno – und für Außenstehende eine „verbotene Stadt“. Heute beherrschen Rostrot und Birkengrün das Bild – die Natur erobert das Terrain zurück – und der Panoramablick vom 40 Meter hohen Kohlenbunker gehört zu den Höhepunkten eines Besuchs. Tiefgreifende Veränderungen verzeichnet auch das ERIH-Mitglied Zeche Ewald | Landschaftspark Hoheward: Aus einer der produktivsten Zechen des Ruhrgebiets mit ihrer markanten Architektur aus verschiedenen Epochen ist ein „Zukunftsstandort“ geworden, der moderne Industrieansiedlungen wie das Wasserstoff-Kompetenzzentrum mit Europas größter Bergehaldenlandschaft verbindet. Die – der sogenannte Landschaftspark Hoheward – liegt gleich nebenan und überrascht Besucher mit einem Astronomischen Park, der antike Methoden der Zeitbestimmung erfahrbar macht.

ERIH-Artikel in Industriekultur "Aufstieg zum industrellen Ballungsraum. Die 'Route Industriekultur' im Ruhrgebiet, Teil 1"