Herrnhut, eine kleine Stadt in Sachsen mit knapp 3.000 Einwohnern, ist der Stammsitz der international tätigen Evangelischen Brüder-Unität, die auch unter dem Namen Herrnhuter Brüdergemeine bekannt ist. Die religiöse Bewegung übte während des 18. Jahrhunderts in vielen Ländern großen Einfluss aus und gründete 30 Modellsiedlungen in aller Welt.
Die Herrnhuter Brüdergemeine ging aus den Predigten von Jan Hus (ca. 1369-1415) hervor, der im späten 14 Jahrhundert Protest gegen die Fehler erhob, die er im Katholizismus zu entdecken glaubte. Einige seiner Gefolgsleute kehrten letzten Endes wieder in den Schoß der katholischen Kirche zurück, doch andere gründeten 1457 im böhmischen Kunvald (heute Tschechien) jene Gruppe, die sich dann zur Evangelischen Brüder-Unität entwickelte. Die Herrnhuter Brüdergemeinde erlitt Verfolgung im Dreißigjährigen Krieg und auch danach, speziell im Habsburger Reich. Einige ihrer Mitglieder verschlug es in die Niederlande, andere in verschiedene deutsche Länder und wieder andere in das Gebiet des heutigen Polen.
Eine Wiederbelebung erfuhr die Bewegung unter Nikolaus Ludwig Graf von Zinzendorf (1700-60), einem sächsischen Grundbesitzer, der einen Großteil seines Lebens damit verbrachte, eine christliche Modellgemeinschaft auf dem Familiensitz in Berthelsdorf zu gründen. Eben dort gestattete er den verfolgten Mitgliedern der Brüder-Unität, sich niederzulassen. Die Siedlung lag in rund drei Kilometern Entfernung von Berthelsdorf und erhielt 1722 den Namen Herrnhut. 1727 erfasste die Gemeinschaft ein religiöser Erweckungseifer, der dazu führte, dass die Herrnhuter Missionare in andere Länder entsandten – innerhalb Europas und jenseits davon.
In Großbritannien beeinflussten sie John Wesley (1707-91) und andere Führer der evangelikalen Erweckungsbewegung. Sie gründeten Gemeinschaften, die bedeutende Bauwerke des 18. Jahrhunderts hinterlassen haben: in Fairfield bei Manchester, in Fulneck bei Leeds, in Ockbrook bei Derby und in Gracehill im County Antrim.
Das Stadtmuseum, das in einem Barockhaus von 1764 residiert, dokumentiert die Geschichte Herrenhuts. Überdies beherbergt die Stadt eine bedeutende ethnografische Sammlung, deren Gründung 1878 auf Betreiben von Bernard Kinne (1812-95) zustande kam und das Ziel verfolgte, den Alltag der Völker in aller Welt zu illustrieren. 2004 verschmolz sie mit den Museen in Leipzig und Dresden zu den Staatlichen Ethnografische Sammlungen Sachsen.
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