Villa Hügel

Einfamilienhaus: So lautet der nüchterne Eintrag im örtlichen Grundbuch. Dahinter verbirgt sich ein königlicher Palast: 269 Räume, 8100 Quadratmeter Wohn- und Nutzfläche, drum herum ein 28 Hektar großer Park in malerischer Lage über dem Baldeneysee. Gemeint ist die Villa Hügel in Essen. Hier lebten die Krupps – eine Ruhrgebiets-Dynastie, deren Mitglieder die Höhen und Tiefen der jüngeren deutschen Geschichte maßgeblich mitgeprägt haben: als Industriekapitäne von Weltformat, als Rüstungsfabrikanten der nationalsozialistischen Kriegsmaschinerie, zuletzt als großzügige Förderer von Kunst und Kultur. Vor diesem Hintergrund wird aus dem „Einfamilienhaus“ ein Sinnbild für Hochindustrialisierung und unternehmerische Verantwortung. Umfang und Komfort des 1873 fertiggestellten Villenkomplexes bezeugen einen großbürgerlichen Lebensstil, zu dessen Gästen die Mächtigen der Welt zählten. Die technische Ausstattung – klimatisierte Räume, Wasserversorgung, Feuerschutz – ist ihrer Zeit weit voraus. Auskunft über die Bewohner gibt eine ständige Ausstellung zur Familien- und Firmengeschichte der Krupps. Die reich bebilderte Rückschau beschäftigt sich auch mit den Arbeitern und Angestellten des Kruppschen Stahlimperiums und mit einer Unternehmenspolitik, deren Sozialeinrichtungen und Wohnsiedlungen zum Teil noch heute Essens Stadtbild prägen. Den eigentlichen Ruhm der Villa Hügel begründen jedoch hochrangige Kunstausstellungen, die regelmäßig wechseln und international Anerkennung finden. Viele Besucher verbinden das Kulturerlebnis mit einem erholsamen Spaziergang durch den weitläufigen Park.

Bauherr der Villa Hügel war Alfred Krupp, ihre architektonische Form trägt seine Handschrift. Das gilt insbesondere für die Mischung aus privatem Rückzugsort und repräsentativem Firmensitz. Vier Generationen lang, von 1873 bis 1945, diente die Villa als Wohnhaus der Familie. Danach wurde sie von den Alliierten beschlagnahmt und erst 1952 wieder freigegeben. Fortan sollte sie nach dem Willen ihrer ursprünglichen Besitzer ein Kulturzentrum für das Ruhrgebiet sein. Erste Kunstausstellungen trugen diesem Anspruch Rechnung – eine Tradition, die die 1984 gegründete Kulturstiftung Ruhr bis heute bruchlos fortsetzt. Die Villa ist Eigentum der Alfried Krupp von Bohlen und Halbach-Stiftung.