Der Erfolg hat viele Väter. Keine Zeit zu verlieren heißt einer davon. Darum geht es in der ehemaligen Baumwollspinnerei Cromford im Bergischen Ratingen, heute Schauplatz des Rheinischen Industriemuseums. Und es geht um einen, der es bereits früh verstand, gesparte Zeit in Gewinn umzumünzen: Johann Gottfried Brügelmann, schwerreicher Elberfelder Kaufherr und Textilmagnat des ausgehenden 18. Jahrhunderts. Schon das schloßartige Herrenhaus – ebenfalls Teil des Museums – spiegelt selbstbewußte Wirtschaftsmacht. Hoch über der herrschaftlichen Freitreppe prangt das Metronom der heraufdämmernden industriellen Revolution: eine Uhr – Zeit ist Geld. Gleich hinter dem prächtigen Wohnsitz entfaltet die neue Weltordnung ihre ganze Dynamik. Dort erhebt sich die Hohe Fabrik. Ein riesiges hölzernes Schaufelrad beherrscht das Erdgeschoß. Einst vom umgeleiteten Wasser der Anger angetrieben, setzte es über wuchtige Zahnräder und schwere Transmissionsbalken die ausgeklügelte Mechanik in Gang, die Maschinen und Menschen in Atem hielt. Das Museum führt den Weg vom Rohstoff Baumwolle zur Ware Garn exemplarisch vor Augen. Die großen, häkchenbewehrten Trommeln von Grob- und Feinkarde kämmen und komprimieren die Wolle, das Streckwerk verfeinert sie in mehreren Durchläufen zum Vorgarn, und erst die Feinspinnmaschine macht daraus durch Spannen und Drehen reißfestes Garn.
Brügelmanns Vorbild hieß England. So sehr bewunderte er Geschäftssinn und Erfindungsgeist der englischen Unternehmer, daß er beschloß, sich ihr Know-how zunutzezumachen. Er betrieb Industriespionage. Auf diese Weise entstand in Ratingen im Jahr 1784 die wahrscheinlich erste Fabrik des europäischen Kontinents. Fast zwei Jahrhunderte später, 1977, kam die Produktion zum Erliegen. Nach umfangreiche Vorarbeiten konnte 1996 das Museum eröffnet werden. Die Maschinen von einst existieren nicht mehr. Diejenigen, die heute ihren lärmenden Dienst tun, haben mit ihren Vorläufern eines gemeinsam: Sie kopieren, wenigstens zum Teil, noch erhaltene Originale in England – ganz legal allerdings, im Dienste historischer Rekonstruktion. Begleitet von Klang- und Videoinstallationen und übersichtlichen Texttafeln zeichnen sie ein vielschichtiges Bild von dem mahlenden Betrieb einer frühindustriellen Fabrikanlage.
LVR-Industriemuseum Textilfabrik Cromford
Cromforder Allee 24
40878 Ratingen
Kreis Mettmann
Deutschland
+49 (0) 2234 - 9921555
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