Kalibergwerk Bleicherode

Der Begriff Kali bezeichnet eine ganze Reihe von unter Tage abgebauten und anschließend weiterverarbeiteten wasserlöslichen Salzen aus Kalium und speziell Kaliumchlorid (KCI, manchmal auch Sylvit genannt) sowie Kaliumsulfat (K2SO4). Die Kaligewinnung war seit der Mitte des 19. Jahrhunderts eine der Hauptindustrien in diesem Teil Deutschlands westlich von Magdeburg und östlich des Harzes.

Einige der bedeutendsten Industriedenkmäler finden sich in Bleicherode, einer Kleinstadt mit weniger als 7.000 Einwohnern und einem großen Schatz an Fachwerkhäusern. Bleicherode liegt im Südharz an der Wipper, 17 Kilometer südwestlich von Nordhausen. 1888 wurden die ersten Kalilagerstätten identifiziert, 1899 begann die Förderung, 1901 entstand die Bergarbeitergenossenschaft Glückauf und 1903 gingen eine Aufbereitungsanlage und ein Kraftwerk in Betrieb. 1908 übernahm Bleicherode eine Vorreiterrolle bei der Verfüllung ausgebeuteter Bergwerksbereiche mit Schlamm, doch blieben gleichwohl riesige Hohlräume bestehen, die im Zweiten Weltkrieg von großer Bedeutung sein sollten.

Kostbarkeiten aus den großen Museen Berlins wurden hierher in Sicherheit gebracht, und im zweiten Teil des Krieges entstanden vor Ort gewaltige unterirdische Waffenfabriken, in denen größtenteils Kriegsgefangene und Zwangsarbeiter aus Osteuropa arbeiteten. Einige der Fertigungsanlagen versteckten sich 600 Meter unter der Erde und waren so vor Bombenangriffen sicher. Andererseits machte die zersetzende Wirkung der salzhaltigen Luft jede Art von feinmechanischer Produktion schwierig. Zusätzlich erschwerten die z. T. nicht mehr als 1,5 Meter breiten Tunnel zwischen den Höhlen den Verkehr zwischen den Produktionsstätten. Nach dem verheerenden Bombenangriff der Royal Air Force vom 17.-18. August 1943 auf die Heeresversuchsanstalt Peenemünde in Ostpreußen wurden einige der Anlagen nach Bleicherode verlegt. Eben dort hielt sich in den ersten Monaten des Jahres 1945 auch der Großteil der ehemals in Peenemünde stationierten Wissenschaftler auf, angeführt von Dr. Wernher von Braun, dem großen Pionier der Raketentechnik. Später besetzten zunächst amerikanische Truppen das Gebiet, bevor sie es zu gegebener Zeit an die Rote Armee abtraten. Während von Braun in die USA ging, versammelten die Russen in Bleicherode zahlreiche deutsche Raketenspezialisten. 1947 verlegten sie das Raketenzentrum tief in die UdSSR, wo die Forschungen 1957 in den Abschuss des Erdsatelliten Sputnik in die Umlaufbahn mündeten.

Die Kalibergwerke von Bleicherode gingen 1990 außer Betrieb. Teile der Stollenanlagen sowie der Komplex zur Weiterverarbeitung der Rohstoffe genießen heute den Status eines Industriedenkmals.

Kalibergwerk Bleicherode
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