1569 emigrierte der Hugenotte Anthoni Fournier von Lyon nach Nürnberg und gründete dort einen Betrieb zur Herstellung “leonischer Waren“. Der Begriff bezeichnet feine Brokate aus Gold, Silber und Bronze, die in Stickereien, Militäruniformen, religiösen Kunstwerken, Brautkronen, Schmuck, Weihnachtsdekorationen und in der Verpackung von Pralinen und Kosmetikprodukten Verwendung finden. Als Material dienen fein gezogene Metalldrähte, die mittels einer technischen Vorrichtung namens „Plattmühle“ zwischen polierten Stahlwalzen geplättet und dann mit feinen Leinenfäden verwoben werden.
1621 etablierten Fourniers Söhne einen weiteren Fertigungsbetrieb in Roth, 15 Kilometer südlich von Nürnberg. Er entwickelte sich zum wichtigsten Herstellungszentrum für leonische Waren. Im 19. Jahrhundert weitete sich das Gewerbe aus, indem es auf die Wasserkraft der Flüsse Rednitz und Roth, später auch auf die Energie von Dampfmaschinen zurückgriff. Bereits seit Beginn des Jahrhunderts beschleunigte die Verwendung von Jacquard-Webstühlen die Produktion. Die in Roth entwickelte Technologie fand zum Ende des Jahrhunderts auch Niederschlag in der Herstellung von Kabeln und anderen Ausrüstungsgütern für die Elektroindustrie.
Der Historische Verein Roth, der schon im Jahr 1908 gegründet wurde, begann 1986 mit der Realisierung eines Museums über die einst bedeutendste Industrie der Stadt und konnte dessen Eröffnung 1988 in einer ehemaligen Kabelfabrik feiern. 2000 bezog das Museum die „Obere Mühle“, die noch kurz zuvor als Drahtzieherei gedient hatte und in der ein Unternehmer zu Beginn des 20. Jahrhunderts eine Produktionsstätte für Flitter (Pailetten) unterhalten hatte. Das Museum zeigt, wie leonische Waren im frühen 20. Jahrhundert gefertigt wurden, und verfügt u. a. über einen funktionsfähigen Jacquard-Webstuhl sowie über ein Wasserrad zum Antrieb eines 220V/250W-Generators.
Fabrikmuseum Roth
Obermühle 4
91154 Roth
Deutschland
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