Biotürme Lauchhammer

Wer sie sieht, denkt unwillkürlich an eine mittelalterliche Burg. Manche fühlen sich gar an Castel del Monte erinnert, das berühmte süditalienische Schloss des Hohenstaufers Friedrich II. 24 schlanke Ziegeltürme stehen da urplötzlich in der Lausitzer Landschaft. Rund und fensterlos ragen sie 22 Meter in den Himmel über der Industriestadt Lauchhammer. Je vier von ihnen gruppieren sich um ein gemeinsames Treppenhaus, im Grundriss den Blättern eines Kleeblatts ähnlich. Ihr Inneres ist angefüllt mit losen, vordem von einer Bakterienschlammhaut überzogenen Schlackensteinen. Turmtropfkörper, so lautet ihre korrekte Bezeichnung. Denn die vermeintliche Burg ist in Wirklichkeit eine stillgelegte Rieselanlage zur biologischen Klärung schadstoffhaltiger Kokereiabwässer. Heute kann einer der Türme bestiegen werden und bietet aus den verglasten Aussichtskanzeln einen imposanten Blick über das Areal der ehemaligen Groß-Kokerei.

Die Biotürme von Lauchhammer sind der letzte Rest einer ehemals gewaltigen Industrieansiedlung. 1952 ging gleich nebenan die weltweit erste Großkokerei in Betrieb, die Hochtemperatur-Koks aus Braunkohle herstellte. Der technologische Durchbruch erlaubte es der DDR, die versiegten Importe von Steinkohlekoks aus dem Ruhrgebiet mit eigenen Mitteln zu ersetzen. Lauchhammer legte den Grundstein für den Ausbau der ostdeutschen Eisenhüttenindustrie. Im Dunstkreis der aufstrebenden Stadt wuchsen Brikettfabriken und Kraftwerke aus dem Boden. Kein Stein davon ist übrig geblieben. Die Abrisswut der Nachwendezeit hat nicht nur Fabriken planiert, sondern auch die Identität Lauchhammers und seiner Menschen beschädigt. Umso größere Bedeutung kommt den Biotürmen zu. Sie sind in Form und Größe einzigartig in Deutschland und vor allem verhindern sie, dass die Erinnerung an die industrielle Vergangenheit spurlos verrieselt.

Biotürme Lauchhammer
Finsterwalder Str. 57
01979 Lauchhammer
Deutschland
+49 (0) 3574 - 860604 (guided tours)
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