Fast scheint es, als liege er noch in der Luft: der Geruch nach Seife und Schweiß, der feine Dunst des Kohlenstaubs, der Widerhall des Stimmengewirrs beim Schichtwechsel. Zu Dutzenden hängen Helme, Arbeitsanzüge und Stiefel an Ketten von der Decke, die gekachelten Badesäle erinnern an den Betrieb, der hier rund 150 Jahre lang Tag und Nacht herrschte. Im Bergwerksmuseum und Kulturzentrum Michal im tschechischen Ostrava-Michálkovice erlebt der Besucher den täglichen Weg der Bergleute so hautnah, als wäre er einer von ihnen. Waschkaue, Zechen- und Lampenstube, abgegriffene Geländer und ausgetretene Stufen sehen noch genauso aus wie am 2. Juni 1994, dem letzten Betriebstag der Grube. Überhaupt gleicht die Zeche einer Zeitkapsel. Nahezu 100 Jahre lang blieben Förderturm, Kohlenwäsche und sonstige obertägige Anlagen weitgehend unverändert. Eine besondere Attraktion ist die 1913-15 entstandene verglaste Maschinenhalle, die ihre original erhaltenen Kompressoren, Elektroumwandler und Fördermaschinen wie in einem überdimensionalen Schmuckkästchen bewahrt.
Bergwerk Michal
Důl Michal
Československè armády 95/413
715 00 Ostrava
Tschechien
+420 (0) 59 - 6231151
Homepage
Was hat ein Zeisig mit einem Bergwerk zu tun? Wer die Zeche Michal besucht hat, kennt die Antwort: Zeisige oder Kanarienvögel, wahlweise auch Mäuse und andere Kleinnagetiere kamen früher zum Einsatz, um die Methangaskonzentration in der Grubenluft zu überprüfen. So behalfen sich um die Wende des 19. zum 20. Jahrhundert auch die Steiger der Grube Michal, bevor sie grünes Licht für anstehende Sprengarbeiten gaben.
Die Geschichte der Zeche geht auf das Jahr 1843 zurück. Damals veranlassten die kaiserlich-österreichischen Behörden die Abteufung zweier Gruben, von denen die eine bereits in den 1880er Jahren ihren Betrieb einstellte. Die andere, nach dem kaiserlichen Hofrat Michael Laier Bergwerk Michal genannt, ging 1856 in den Besitz der Gesellschaft Nördliche Ferdinandbahn über. In der Folgezeit erfuhr die Zeche wiederholt technische und architektonische Erneuerungen. Der wichtigste Entwicklungsschub fällt in die Jahre 1912-15. Ziel der umfangreichen Aus- und Umbauarbeiten war es, die Kohlenförderung verschiedener kleinerer Bergwerke in der Umgebung an einem Ort zu konzentrieren. Nach den Plänen des renommierten Architekten Frantisek Fiala erhielt die Grube Michal eine komplett neue Gebäudeausstattung. Als Herzstück fungierte die Maschinenhalle, deren Inventar – darunter zwei rotierende Elektroumwandler der Marke Siemens-Schuckert - das Bergwerk zur ersten voll elektrifizierten Zeche des Ostrava-Reviers machte. 1916 förderte der rundum modernisierte Standort über 380.000 t Kohle aus insgesamt 19 Fördersohlen und einer Tiefe von bis zu 960 Metern unter der Erde. Der Betrieb war für 1.500 Bergleute ausgelegt, doch arbeiteten hier nach der Verstaatlichung im Jahr 1945 zeitweise doppelt so viele Menschen. Im Sommer 1994 fuhr die letzte Schicht ein. Kurz darauf wurde der Schacht verfüllt. Zeitgleich begannen die Planungen für die Konservierung als Industriedenkmal. Heute beherbergt die Zeche Michal ein in dieser Form einzigartiges historisches Architektur- und Technikensemble.
Empfohlene Aufenthaltsdauer: | 1,5 Stunden |
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Dauer einer geführten Tour: | 90 Minuten |
Eintritt: | kostenpflichtig |
Barrierefreier Zugang: | bitte Hinweise auf Webseite beachten |
Museumsshop: | ja |
Führungen:
Mai, Juni und September:
Dienstag - Sonntag 9.00, 11.00, 13.00, 15.00 Uhr
Juli, August:
Dienstag - Sonntag 9.00, 11.00, 13.00, 15.00 Uhr, 17.00 Uhr
April, Oktober:
Samstag, Sonntag 9.00, 11.00, 13.00, 15.00 Uhr